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Wie beeinflussen kognitive Verzerrungen unsere Entscheidungen in agilen Projekten?

Inhaltsverzeichnis

Selbst die klügsten Köpfe tappen in die Bias-Falle: Wir zeigen anhand von Projektbeispielen, wie subtile kognitive Verzerrungen unsere Entscheidungen beeinflussen und wie man ihnen entgegenwirken kann.

Die zentrale Rolle der Menschen in Scrum

In Scrum stehen Menschen und ihre Interaktionen im Mittelpunkt. Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es wichtig, die Dynamiken dieser Beziehungen tiefgehend zu verstehen. Ob im Scrum Team, mit Stakeholdern oder in der Geschäftsführung – unsere tägliche Arbeit ist geprägt von fortwährender Kommunikation, in der es oft zu Missverständnissen kommen kann.

Das Phänomen der Wahrnehmungsverzerrungen

Missverständnisse resultieren oft aus systematischen Wahrnehmungsverzerrungen, auch „Biases“ genannt. Diese Denkfallen beeinflussen, wie wir Informationen verarbeiten und Entscheidungen treffen. Ein bewusstes Erkennen und Verstehen dieser Verzerrungen ist entscheidend, um sie im Arbeitsalltag zu adressieren und idealerweise zu vermeiden.

Praxisbeispiele

Jetzt, da wir diese kognitiven Fallen besser verstehen, betrachten wir spezifische Biases und deren Auswirkungen auf unsere Rolle als Scrum Master:innen. Beginnen wir mit dem bekannten Halo-Effekt.

Der Halo-Effekt: Wenn ein Eindruck alles überschattet

Der Halo-Effekt tritt auf, wenn ein positiver Eindruck alle anderen Einschätzungen überschattet. 

Beispiel: Die Geschäftsführerin bleibt wegen eines Inflationsausgleichs beliebt, auch wenn sie oft zu spät zu Meetings kommt und andere regelmäßig unterbricht.

Mere-Exposure-Effekt: Vertrautheit beeinflusst Wahrnehmung

Der Mere-Exposure-Effekt besagt, dass wiederholter Kontakt unsere Wahrnehmung positiv oder negativ beeinflusst. 

Beispiel: Beim ersten Treffen mit dem neuen Product-Owner sind wir neutral, aber durch tägliche Begegnungen und regelmäßige Meetings erscheint er uns zunehmend sympathischer.

Primacy Bias: Der erste Eindruck zählt

Der Primacy Bias bedeutet, dass wir den ersten Informationen, die wir erhalten, mehr Wert beimessen als den folgenden.

Beispiel: Der neue Abteilungsleiter wurde von seinem vorherigen Arbeitgeber gekündigt. Wegen dieser Information sind die Angestellten ihm gegenüber skeptisch, auch wenn er sich stets freundlich und zuvorkommend verhält.

Confirmation Bias: Die Bestätigung unserer Überzeugungen

Beim Confirmation Bias bevorzugen wir Informationen, die unsere Meinung stützen.

Beispiel: Die Stakeholder gaben in einer Review negatives Feedback, stimmten aber zu, dass das Inkrement mit zusätzlichem Aufwand verwendbar ist. Ein Developer interpretiert dies als Zufriedenheit der Stakeholder.

Authority Bias: Der Einfluss der Autorität

Beim Authority Bias schreiben wir Meinungen von Autoritätspersonen aufgrund ihres Statuses mehr Glaubwürdigkeit zu.

Beispiel: Der Tech Lead schätzt beim Refinement eine Story mit weniger Story Points als die anderen Developer. Statt zu diskutieren, passen sie ihre Schätzungen an.

Recency Bias: Die Frische der Informationen

Der Recency Bias lässt uns neuen Informationen mehr Bedeutung beimessen als älteren.

Beispiel: Ein Scrum Master moderiert eine Retrospektive mit mehreren gewichtigen Themen. Kurz vor dem Ende bringt ein Developer ein neues Thema ein, das die bisherigen Themen überschattet.

Survivorship Bias: Fokus auf die Erfolgreichen

Beim Survivorship Bias werden Daten bevorzugt, die auf Erfolg zurückzuführen sind.

Beispiel: Das Team nimmt viele Storys in einen Sprint auf, da es manchmal gelingt, alle abzuschließen. In 90% der Fälle gelingt dies jedoch nicht.

Barnum-Effekt: Die Überzeugungskraft von vagen Aussagen

Der Barnum-Effekt zeigt, wie Menschen persönliche Bedeutungen in allgemeinen Aussagen finden.

Beispiel: Horoskope sind oft so allgemein formuliert, dass sie auf fast jeden zutreffen könnten. Dennoch fühlen sich viele Menschen direkt angesprochen.

Outcome Bias: Rückblickende Bewertung von Entscheidungen

Beim Outcome Bias bewerten wir Entscheidungen anhand ihres Ergebnisses, ohne den Entscheidungsprozess zu berücksichtigen.

Beispiel: Das Team plant den Sprint vorsichtig, aber unerwartete Krankheitsfälle treffen 50% der Mitglieder. Viele Aufgaben bleiben liegen, was die Planung im Rückblick unzulänglich erscheinen lässt.

Abschluss und Auflösung: Bewusster Umgang mit kognitiven Verzerrungen

Wir sind am Ende unserer faszinierenden Reise durch die Welt der kognitiven Verzerrungen angelangt. Hast du dich in einigen Szenarien wiedererkannt? Diese Verzerrungen prägen oft unbewusst unsere Entscheidungen. Der erste Schritt, ihnen zu begegnen, ist das bewusste Erkennen. Niemand ist immun, doch mit diesem Wissen können wir bewusster handeln. Als Scrum Master:innen sollten wir dieses Bewusstsein in unseren Teams und unserer eigenen Praxis fördern. Dadurch werden wir zu besseren Kommunikatoren und Führungskräften.

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