Hilfe, mein Team geht ein! Wie schaffe ich eine gute Meetingkultur?
Inhaltsverzeichnis
Einmal die Woche nehmen sich unsere Scrum Master:innen, Agile Coaches, Kanban-Facilitator:innen und Release Train Engineers die Zeit, um gemeinsam über ihre Arbeit beim Kunden zu reflektieren. Der systematische Austausch von Erfahrungen und der Zugriff auf den „General Intellect“ des Ameisenstaates führt zu einer kontinuierlichen Verbesserung unserer Arbeit – individuell und kollektiv. In der letzten Sitzung haben wir uns mit dem Dauerthema „Meetingkultur“ beschäftigt.
Meetingkultur
Nicht nur bei unseren Kunden scheint der Bedarf an Meetings heute größer denn je, auch die Kalender unserer agilen Consultants sind prall gefüllt mit Terminen. Die Ursachen sind oft vielfältig. Zweifellos hat die Corona-Pandemie unser Verständnis und unseren Umgang mit Meetings grundlegend verändert. Vielerorts hatte man befürchtet, dass das zarte Pflänzchen der innerbetrieblichen Kommunikation in einem Umfeld des „Social Distancing“ austrocknet, d.h. abstirbt (ähnlich dem Schicksal vieler echter Büropflanzen). Das ist wohl auch der Grund, warum man sich dann dazu entschlossen hat, eine ganze Flutwelle an Meetings loszutreten. Und so ertrinken die Büropflanzen plötzlich, weil jeder sie einmal gießen mag.
Natürlich lassen sich die unzähligen Meetings in unseren Kalendern nicht allein durch eine „irrationale“ Überkompensation erklären. Die alltägliche Kommunikation am Arbeitsplatz ist im Jahr 2020 von heute auf morgen weggefallen und damit ein relativ zuverlässiger Kanal für den Informationsaustausch. Die naheliegendste, wenngleich unbeholfene Reaktion war: Mehr Meetings!
Als Agile Coach ist es natürlich schwierig, sich dagegen auszusprechen, wenn die Grundprinzipien des agilen Projektmanagement den Informationsaustausch von Angesicht zu Angesicht befürworten. Wir verstehen das Bedürfnis nach persönlichem Austausch und ziehen diese Form der Kommunikation langwierigen Mail-Korrespondenzen, die häufig mehr Missverständnisse produzieren als sie lösen können, vor. Leider verwechseln Unternehmen häufig das Vorhandensein vieler Meetings mit einer guten und gesunden Kommunikationsstruktur.
Meeting-Regeln
Wenn nicht nur die Kalender der professionellen Redner:innen, sondern auch die der Entwickler:innen voll mit Terminen sind, läuft man Gefahr, kostbare Zeit zu verlieren. Zeit, die man hätte nutzen können, um einen echten Mehrwert für die eigene Firma und echte Gebrauchswerte für Kund:innen zu liefern. In solch einer Situation ist es als Scrum Master:in unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass es weniger, dafür aber effizientere Meetings gibt.
Zuallererst muss der tatsächliche Kommunikationsbedarf ermittelt werden. Ist die Meeting-Plage auf große (und unnötige) Abhängigkeiten zwischen den Scrum-Teams zurückzuführen? Oder gibt es keine gemeinsame Dokumentation in Confluence oder Polarion? Neben dem Streichen von eigentlich unnötigen Terminen ist die qualitative Verbesserung der Meetings die zweite Stellschraube, an der ein Agile Coach drehen kann, um die Kommunikation zu optimieren.
Ein Werkzeug hierfür ist die Einführung von allgemein verbindlichen Meetingregeln, z. B.:
- Kein Meeting ohne eine Agenda;
- Keine Teilnahme an Meetings, in denen man keine Funktion hat;
- Keine Teilnahme an Meetings, die einem keinen Wert liefern;
- Meetings werden spätestens einen Tag vorher abgesagt;
- Man kommt pünktlich und vorbereitet zu Meetings;
- Effektive (Arbeits-)Meetings bestehen aus max. 10 Teilnehmer:innen.
Fazit
Die Anzahl der Regeln ist jedoch weniger bedeutsam als die Art und Weise, wie wir sie anwenden. Bei der Frage, wie wir diese Aufgabe im Alltag lösen können, war sich die Intervisionsgruppe dann auf einmal erstaunlich einig: „Das geht mal wieder nur durch Leading-by-Example!“ Und das heißt in erster Linie, den eigenen Kalender von unnötigen Meetings frei zu räumen und häufiger „Nein!“ zu neuen Einladungen zu sagen.
Patrick Korchmar
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