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Refactoring des Agile Excellence Programm

Inhaltsverzeichnis

Das Agile Excellence Programme (AEP) ist ein dreimonatiges, praxisorientiertes Vollzeit-Ausbildungsprogramm, in dem wir Anfänger:innen und Quereinsteiger:innen zu agilen Professionals machen. Nachdem ein halbes Dutzend Trainees unser AEP erfolgreich abgeschlossen haben, ist es an der Zeit für ein erstes umfassendes Update. Natürlich waren wir auch bisher stets darum bemüht, das Feedback unserer AEPler:innen direkt, um nicht iterativ zu sagen, umzusetzen. Doch von diesem evolutionären Ansatz unterscheidet sich das aktuelle Vorhaben, das den Arbeitstitel „AEP 2.0“ trägt, grundlegend. In diesem Text wollen wir euch einen kleinen Einblick in die agile Entwicklung eines komplexen, didaktischen Produkts gewähren. 

1. Die agile Zertifikatindustrie

 Die zentrale Hypothese, die zur Entwicklung des originalen Agile Excellence Programme geführt hat, wurde unserer Meinung nach empirisch bestätigt und ist auch heute noch mehr als valide. Es gibt einerseits einen großen Bedarf an „erfahrenen“ Scrum Master:innen und andererseits sind die wenigsten Unternehmen dazu bereit, Geld – vorausgesetzt sie haben überhaupt die dafür notwendige Expertise – in die Ausbildung von Berufs- oder Quereinsteiger:innen zu investieren. Diese Lücke wird aktuell primär von der agilen Zertifikatindustrie ausgefüllt und ausgenutzt.¹ Unternehmen wie Scrum.org oder Agile Alliance produzieren Professional Scrum Master (PSM) und Certified Scrum Master (CSM) wie am Fließband, um den stetig wachsenden Bedarf der Wirtschaft zu decken.² Für die noch-nicht Scrum Master:innen dienen die Zertifikate als eine Art Eintrittskarte in die agile Welt. Auch ohne einen einzigen Tag in ihrem Leben als Scrum Master:in gearbeitet zu haben, haben sie sich – wortwörtlich – den Titel des Professional Scrum Masters erkauft. Aus der Perspektive von noch-nicht-agilen Unternehmen vermitteln die Titel PSM und CSM ein Mindestmaß an Orientierung und Sicherheit bei der Personalsuche oder Auswahl.

Zertifikate und ihre wahre Bedeutung

Natürlich erhält man auch am Ende des AEPs das dieser Tage obligatorische Zertifikat. Doch mit dem Verkauf von Urkunden verdienen die Agile Ants nicht ihr Geld. Vielmehr bezahlen wir unsere Trainees während ihrer Ausbildung – wie das auch in den meisten anderen Branchen üblich ist – ein Gehalt.  

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2. Das Reden von der Praxis

Nun sind die Schwachstellen dieses Systems allen Beteiligten auf die eine oder andere Art und Weise bewusst – davon gehen zumindest die Entwickler:innen des AEP 2.0 aus. Denn auch wenn der Scrum Guide behauptet „Scrum is simple“, so kann man das Handwerk des Scrum Masters nicht in zwei Tagen erlernen. Im Arbeitsalltag gestaltet sich die Einführung von Scrum oder die Führung von Scrum Teams als schwierige, d.h. nicht schnell oder leicht zu erlernende Angelegenheit.

Der Unterschied zwischen Theorie und echter Erfahrung

Auch wenn die unzähligen Anbieter:innen von Scrum Master Trainings, die Nähe zur Praxis immer betonen, kann es sich dabei natürlich nur um ein „Sprechen über Praxis“ handeln.³ Die Trainer:innen berichten von ihren Erfahrungen oder erzählen kleine Anekdoten zur Untermauerung der Scrum Theorie. Manchmal werden auch praktische Übungen oder Simulationen durchgeführt, die sich jedoch meist unrealistisch und künstlich anfühlen – wie wir aus eigener Erfahrung wissen. Ein Sprint Planning oder eine Retrospektive kann man eben nur schwer nachstellen. Demgegenüber zielt das AEP darauf ab, die angehenden Scrum Master:innen so nah wie möglich an die tatsächliche Praxis heranzuführen. Bereits ab der zweiten Woche begleiten die Trainees unsere erfahrenen Scrum Master:innen in div. Kundenprojekte, um sich dort ein realistisches Bild von den konkreten Herausforderungen eine:r Scrum Master:in machen zu können. Schritt für Schritt übernimmt der Trainee dann mehr Aufgaben und mehr Verantwortung. Durch das kontinuierliche Feedback der in den entsprechenden Situationen immer anwesenden Mentor:in, wird ein systematisches Lernen aus den gemachten Erfahrungen und Fehlern ermöglicht. An diesem reflexiven hands-on-Learning-Approach wird sich auch im AEP 2.0 nichts ändern.

3. Test Driven Education

Bei der Neuentwicklung des AEPs orientieren wir uns nicht nur an agilen Methoden der Produktentwicklung, sondern auch am erziehungswissenschaftlichen und lernpsychologischen Ansatz des systematischen Designs von Lern-Instruktionen (vgl. Dick/ Carey/ Carey 2015).⁴ Diese Kombination bzw. Eigenkreation nennen wir „Test Driven Education“ (TDE). TDE ist ein Entwicklungs- und Designansatz für Ausbildungsprogramme, bei dem die Konzeption von Tests für die spezifischen Programmkomponenten vor der Entwicklung der eigentlichen Lerninhalte stattfindet. Am Anfang dieses Prozesses steht die Definition klarer Lernziele. Dieses besteht aus vier Bestandteilen:

  • Die Lernenden
  • Die Fähigkeit
  • Der Arbeitskontext
  • Die Werkzeuge bzw. Methoden

Jede dieser Komponenten wird im Folgenden möglichst detailliert beschrieben. Die lernende Person wird ähnlich wie eine Persona beschrieben.⁵ Die Fähigkeiten werden in konkrete Tätigkeiten und spezifische Subskills aufgeschlüsselt – sie stellen sozusagen die Akzeptanzkriterien unserer Lernziele. Der Beschreibung des Arbeitskontextes und die zur verfügungen stehenden Mittel helfen uns dabei, realistische Anforderungen an unsere zukünftigen Trainees zu formulieren. Müssen unsere Junior Scrum Master:innen potentiell in einem skalierten Umfeld arbeiten oder in einem kleinen Start-Up mit gerade einmal einem Scrum Team?

Messung und Überprüfung von Lernzielen

Statt nun wie üblich die konzeptionelle Arbeit mit der inhaltlichen Ausgestaltung von Workshops, Seminaren, Unterrichtsstunden usw. zu beginnen, entwickeln wir zunächst die Tests, um die erfolgreiche Vermittlung dieser Inhalte zu überprüfen. Woran erkennen wir, beispielsweise, dass wir unseren Trainees die praktischen Grundlagen der Facilitation beigebracht haben? Scrum.Org hat sich zur Überprüfung dieses Skills für einen Multiple-Choice-Test entschieden. Welche Art des Wissens – theoretisch oder praktisch – wird damit abgefragt? Die Entwickler:innen des AEP 2.0 denken in Bezug auf die Fähigkeit der Facilitation eher an ein Testformat ähnliche einer Lehr- oder Unterrichtsprobe. Der Trainee wird bei der Facilitation div. Scrum Events von erfahrenen Scrum Master:innen begleitet und anhand transparenter Kriterien bewertet. So können wir unseren Kunden garantieren, dass auch die Qualität unserer noch etwas unerfahrenen Kolleg:innen stimmt. Dies war und ist die Voraussetzung des AEPs. Doch an diesem Punkt im Entwicklungsprozess sind wir noch lange nicht, aber wir halten euch auf dem Laufen.

4. Feedback Matters

Die AEP-Workforce teilt ihre (Entwicklungs-)Arbeit und ihre Überlegungen nicht aus selbst-darstellerischen Gründen. Als Teil der agilen Community erachten wir es als wichtig, uns gemeinsam über die Zukunft und Standards unserer Profession auszutauschen. Damit der Beruf des Scrum Master bald nicht primär mit kostspieligen Zertifikaten und unnützen Wissen assoziiert wird, sondern mit klar umrissenen Fähigkeiten und wertstiftenden Tätigkeiten.

Suchst Du den idealen Startpunkt, um als Quereinsteiger in die agile Welt einzutauchen? Unser AEP bietet Dir eine authentische und tiefgehende Einführung in den Beruf des Scrum Masters. Setze einen Meilenstein in Deiner beruflichen Entwicklung und bewirb Dich bei uns!

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