Was macht gute Product Owner:innen eigentlich aus?
Inhaltsverzeichnis
Stell dir vor, du lebst in einem wunderschönen Land, im fernen Orient. Aus dem Fenster siehst du eine riesige Wüste, am Ende glitzert das Meer in der Sonne. Kamele liegen lässig im Schatten der Orangenhaine, eingerahmt von blühenden Gärten und Häusern aus rotem Sandstein.
In Gedanken bist du bei einem Gespräch mit deiner Königin, die dein Leben davon abhängig gemacht hat, ob dieses wunderschöne Land endlich vom Tourismus profitieren kann. Das Meer würde sich als Tauchparadies eignen, in der Wüste könnte es eine Safari geben und die Kinder könnten mit der Elefantenbaby-Fußballmanschaft für die nächste Weltmeisterschaft trainieren. Ideen über Ideen. Damit du nicht als Futter für Kroko endest – dich beschleicht das ungute Gefühl, dass damit nicht das Palastkaninchen gemeint ist – lasst uns doch einmal gemeinsam schauen, was gute Product Owner:innen in so einer Situation tun würden.
Gute Product Owner:innen…
…haben ein Gesamtbild vor Augen.
Vom Bock zum Gärtner? Nicht mit guten Product Owner:innen! Sie kennen ihr Produkt, haben eine genaue Vorstellung von der Umsetzung. Natürlich kann es eine Herausforderung sein, alle Details verstehen zu wollen, aber das ist gar nicht mal notwendig. Für die technische Umsetzung sind die Entwickler zuständig, du solltest jedoch das große Gesamtbild vor deinem geistigen Auge haben.
Grundsätzlich sollten Produkte immer unter Berücksichtigung des Kontextes entwickelt werden. Als gute Product Owner:in hast du nicht nur Verständnis für die jeweilige Organisation, in der das Produkt entwickelt wird, sondern auch Kenntnis von der aktuellen Marktsituation. Ein Produkt, das seiner Zeit hinterherhinkt, ist nutzlos. Das bedeutet für dich zwangsläufig, dass du dir Wissen über den Tourismussektor aneignen musst oder dich mit Leuten umgibst, die über dieses Wissen verfügen. Was nützen die tollsten Attraktionen, wenn sie einfach nicht gefragt sind, oder du anstelle einer Pyramide ein Iglu bauen möchtest.
…sind die Stimme des Kunden
Gemeinsam mit den Stakeholder:innen entwickelst du eine Produktvision, auf Basis derer alle zukünftigen Entscheidungen getroffen werden. Dadurch wird eine nachhaltige Produktentwicklung gewährleistet – zudem schafft es für die Developer:innen Klarheit.
Eine deiner ersten Aufgaben ist es also, dich mit der Königin zusammenzusetzen und zu überlegen, wie die Umwandlung in ein Tourismusland aussehen könnte. Vielleicht hat die Königin andere Vorstellungen oder Priorisierungen. Stell es dir wie eine Schatzkarte vor, auf der die Route hin zum Ziel aufgezeigt wird.
…sind die Stimme des Kunden
Gemeinsam mit den Stakeholder:innen entwickelst du eine Produktvision, auf Basis derer alle zukünftigen Entscheidungen getroffen werden. Dadurch wird eine nachhaltige Produktentwicklung gewährleistet – zudem schafft es für die Developer:innen Klarheit.
Eine deiner ersten Aufgaben ist es also, dich mit der Königin zusammenzusetzen und zu überlegen, wie die Umwandlung in ein Tourismusland aussehen könnte. Vielleicht hat die Königin andere Vorstellungen oder Priorisierungen. Stell es dir wie eine Schatzkarte vor, auf der die Route hin zum Ziel aufgezeigt wird.
…sind Pragmatiker.
Gute Product Owner:innen haben ihren sprichwörtlichen Werkzeugkasten. Dieser ist gefüllt mit Geschäftsmodellen, wie Lean Startup oder Impact Mapping. Sie dienen der Product Owner:in dabei den Produkterfolg voranzutreiben.
Die oben genannte Schatzkarte kann man mit dem User Story Mapping erreichen. Ziel dieser Technik ist es, dem Backlog eine zweite Ebene hinzuzufügen. Dies ermöglicht es, ein Gesamtbild des Product Backlogs zu visualisieren. Es ist wichtig, dass du das Gesamtprodukt in weitere, kleine Teile schneidest. So können deine einzelnen Vorhaben, wie das Tauchparadies oder die Pyramide, als Epics gesehen werden. Die einzelnen Sprints dienen der Erfüllung dieser Visionen.
…pflegen das Backlog.
Gute Product Owner:innen wissen, dass die Backlog Ordnung einer der Schlüssel für gute Produktentwicklung ist. Dabei wirst du abwägen müssen zwischen Prioritäten, Risiken oder auch Abhängigkeiten.
Von einer Eisenhower-Matrix hast du womöglich in einem unserer Posts schon mal gelesen. (→ zum Artikel) Im Endeffekt ist es ein Instrument zur Diskussion des Product Backlogs. Die einzelnen Items können nach Nutzwert und Aufwand sortiert werden, was dich wiederum in die Lage versetzen wird, deine Sprints entsprechend zu planen. Überlege dir, welche Ideen schnell umzusetzen sind und dabei den größtmöglichen Nutzen generieren. Eine Safari auf die Beine zu stellen, trifft vermutlich auf beides zu, während die absurde Idee eine eigene Pyramide zu bauen, doch etwas länger dauern dürfte.
Obwohl das Refinement kein offizielles Scrum Event ist, gehört es dennoch zu den wichtigsten Terminen. Du verfeinerst mit den Developer:innen das Backlog, führst Schätzungen durch und ordnest die einzelnen Einträge. Wir halten bei unseren Kunden wöchentlich ein einstündiges Refinement mit dem gesamten Scrum Team ab. Prinzipiell können – sofern das Team Erfahrungen im Refinement besitzt – auch Stakeholder:innen am Refinement teilnehmen, um Wünsche und Vorstellungen zu äußern. Das sorgt für ein gemeinsames Verständnis und erhöht die Qualität des Backlogs.
Achtung: Nimm die Backlog-Verfeinerung ernst. Als großartige:r Product Owner:in weißt du, dass du durchschnittlich 10 % der Kapazität des Entwicklungsteams für die Verfeinerung aufwenden müsstest, wobei die Art und Weise, wie dies geschieht, nicht vorgeschrieben ist und dem Team überlassen bleibt. Ein wiederkehrendes Event ist aber natürlich am zielführendsten.
…schaffen Nutzwert.
Funktionalität ist stets wichtiger als investierte Arbeitsstunden. Gute Product Owner:innen sind Value Maximizer und das Ziel eines Inkrements ist es, stets Nutzwert zu liefern. Funktionalität liegt im absoluten Hauptfokus des:der Product Owner:in.
Weißt du, was den meisten Menschen am schwersten fällt? „Nein“ zu sagen, obwohl es manchmal völlig selbstverständlich sein sollte. Doch als gute Product Owner:in weiß du, wann du Dinge ablehnen solltest, denn es ist nicht deine Aufgabe einfach Dinge zu deinem Backlog hinzuzufügen, sondern sie auch vorher nach ihrer Sinnhaftigkeit und Realisierbarkeit zu selektieren – selbst dann, wenn die Königin mit Kroko droht!
…machen die Kund:in zum König
Und wie es für einen Kunden üblich ist, möchte er natürlich zufrieden sein. Gute Product Owner:innen verstehen nicht nur die Absichten und Ziele des Kunden – sie übertreffen seine Erwartungen.
Für die Weiterentwicklung deines Projekts ist es elementar, dass du in engem Austausch mit deinen Stakeholdern stehst und ihnen das Gefühl gibst, dass ihre Gedanken gehört werden. Gut, in deinem Fall hängt dein Leben davon ab. Happy Queen, Happy Life – oder so ähnlich. Aber wer ist da eigentlich sonst noch so? Gibt es vielleicht Bau- oder Tourismusminister:innen? Hierfür empfiehlt sich, mit einem Stakeholder Mapping zu beginnen, um überhaupt einen Überblick darüber zu bekommen, mit wem du für dein Projekt zusammenarbeiten wirst. Anschließend können diese Personen in die Review eingeladen werden.
…treffen Entscheidungen.
Das klingt leichter gesagt als getan, denn Unterstützung für deine Entscheidungen muss wachsen. Das Team muss dir vertrauen, aber letzten Endes sind schnelle Entscheidungen elementar für ein kontinuierliches Entwicklungstempo.
Im Endeffekt wird von dir gefordert, dass du durch deine Entscheidungen das Produkt nach vorne bringst. Dafür kannst du nicht alles wissen, aber du solltest Kenntnisse vom Markt und von den Produktanforderungen haben. Ob der Weg der Richtige ist, wird die Review zeigen.
…schätzen persönliche Kommunikation.
Gute Product Owner:innen wissen, dass Kommunikation idealerweise mittels eines persönlichen Gesprächs stattfindet. So werden Informationen am Besten transportiert oder User Stories erläutert. Jegliche Tools dienen einzig und allein der Unterstützung und niemals als Ersatz.
Die Review ist das Paradebeispiel. In diesem Termin haben alle Stakeholder:innen die Gelegenheit direkt Einfluss auf das Projekt zu nehmen, ihre Wünsche zu transportieren und Sorgen mitzuteilen. Keine Brieftaube der Welt, kein Slack und erst Recht keine E-Mail rechtfertigt das Auslassen eines persönlichen Gesprächs.
…sind Networker.
Gute Product Owner:innen vermeiden Wissens-Silos. Sie teilen ihre Erlebnisse untereinander, sei es innerhalb der Organisation, auf Konferenzen oder Scrum-Events.
Wir haben bei einem unserer Kunden hierfür „Gilden“ eingeführt, damit die Erfahrungen über die jeweiligen Teams hinausgetragen werden.
Im Grunde genommen kann man drei Ebenen im Unternehmen definieren, auf denen sich Product Owner:innen bewegen. Gute Product Owner:innen verstehen es, die Produktstrategie auf der Vorstandsebene zu platzieren, das mittlere Management als Unterstützer zu gewinnen und das Entwicklungsteam bei allen Herausforderungen, die täglich auf das Team zukommen können, zu motivieren.
…sind in Vollzeit verfügbar.
Product Owner:in ist ein Vollzeitjob und nichts, was man als Freizeitbeschäftigung ausübt. Du solltest für Stakeholder:innen, Kund:innen oder dein Scrum Team erreichbar sein, damit wichtige Fragen oder Entscheidungen schnell beantwortet oder getroffen werden können. Die Verfügbarkeit deiner Person darf nicht dem Fortschritt des Developer-Teams im Wege stehen.
Im Endeffekt bist du nichts anderes als ein Unternehmer für dein Produkt. Du bewertest Chancen und Risiken, hast den Return on Invest im Blick und handelst stets unter Berücksichtigung eines gesunden Wachstums des Produkts (Größe, Qualität, Marktanteil).
Und jetzt erst einmal ins kühle Nass einer Oase!
Puh, Product Owner:in zu sein ist gar nicht mal leicht, oder? Aber ich bin mir sicher, dass du dich mit deinem nun vorhandenen Wissen gewappnet fühlst, im Orient als Product Owner:in loszulegen! Beachte, dass du stets das Gesamtbild vor Augen hast und zeitgleich ein genaues Verständnis für die Kundenbedürfnisse und Marktsituation entwickelst – ohne jedoch die wirtschaftlichen Gegebenheiten des Unternehmens außer Acht zu lassen. Und wenn du dich dennoch allein gelassen fühlst, dann steht dir das Ameisen-Team gerne beratend zur Seite!
Wenn ihr wissen wollt was gute Scrum Master aus macht, dann nichts wie hin zu unserem Scrum Master Artikel!
Scrumantha
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